Fachrichtung
Mit seiner Anmeldung hat sich der Bewerber auf eine Fachrichtung, nämlich Chemie oder Mechanik, festgelegt. Dies ist insofern für die Aufgabenstellung von Bedeutung, als daß sich die Aufgaben A und B für die beiden Fachrichtungen unterscheiden, während die Aufgaben C und D für alle Fachrichtungen gleich sind. Der Bewerber kann diese Fachrichtung jedoch unabhängig von seiner technischen und naturwissenschaftlichen Vorbildung wählen. So sind beispielsweise Fälle bekannt, in denen Chemiker die Fachrichtung Mechanik angegeben haben, da diese in ihrer Kanzlei oder Patentabteilung hauptsächlich Fälle auf dem Gebiet der Mechanik bearbeitet haben. Andererseits kann der Ingenieur, Physiker o.ä. auch die Fachrichtung Chemie wählen, wobei hierzu noch kein Fall bekannt ist.
Aufgabe A
Die Aufgabe A betrifft die Ausarbeitung der Ansprüche sowie der Einleitung einer europäischen Patentanmeldung. Der Bewerber erhält neben der Darstellung der Erfindung durch den Erfinder auch druckschriftlichen Stand der Technik. Der Großteil der für die Aufgabe A zu vergebenden Punkte (ca. 80-85 von 100) entfällt hier auf die Ansprüche, wobei die unabhängigen Ansprüche wiederum das Gros dieser für die Ansprüche zu vergebenden Punkte ausmacht (ca. 50 von 80-85). Dies sollte sich auch auf die von dem Bewerber veranschlagten Ausarbeitungszeiten auswirken. So sollte die meiste Zeit für die unabhängigen Ansprüche, weniger Zeit für die einzelnen abhängigen Ansprüche und am wenigsten Zeit für die Ausarbeitung der Einleitung eingeplant werden. Bei der Formulierung der Einleitung sollte mit Schere und Klebstoff (beides ist erlaubt und erwünscht) gearbeitet werden, da einige Passagen aus dem Schreiben des Erfinders 1 zu 1 übernommen werden können. Wesentlicher und somit punktebringender Bestandteil der Einleitung ist die sich aus den Nachteilen des Standes der Technik ergebende Aufgabenstellung der Erfindung. An die Aufgabenstellung sollte sich zumindest noch die Erläuterung der Erfindung, wie sie in den unabhängigen Ansprüchen definiert ist, zusammen mit den damit einhergehenden Vorteilen anschließen. Abschließend ist zu bemerken, daß der o.g. zeitliche Rahmen von 3,5 Stunden für die Aufgabe A weniger problematisch als in den Aufgaben C und DI/DII ist.
Aufgabe B
Die Aufgabe B betrifft die Ausarbeitung einer Erwiderung auf einen Bescheid. Der Bewerber erhält neben dem Bescheid den hierin genannten druckschriftlichen Stand der Technik. Die Punkte für die Aufgabe B werden für zwei Teilbereiche vergeben, nämlich einerseits für die Anpassung der Ansprüche (falls diese erforderlich war) und andererseits für die Argumentation in der Erwiderung. Je nach Schwierigkeit des einzelnen Teilbereiches werden die 100 Gesamtpunkte verteilt, wobei bei einer „normalen“ Aufgabe B von einer Verteilung von 50 zu 50 ausgegangen werden kann. Sollten Sie auf Grund des Standes der Technik zu der Auffassung gelangen, daß die ursprüngliche Anspruchsfassung eingeschränkt werden muß, so empfiehlt sich hier wieder der Einsatz von Schere und Klebstoff, um die Merkmale der ursprünglichen unabhängigen Ansprüche mit anderen Merkmalen aus der Beschreibung oder den Unteransprüchen zu kombinieren und zu Papier zu bringen. Bei der Erwiderung des Bescheides ist – sofern nicht abwegig – auf eine „sture“ Anwendung des Problem-Lösungs-Ansatzes zu achten.
Aufgabe C
Die Aufgabe C betrifft die Ausarbeitung einer Einspruchsschrift gegen ein europäisches Patent. Der Bewerber erhält neben dem Auftragsschreiben des Mandanten die Patentschrift, gegen die sich der Einspruch richten soll, sowie den Stand der Technik, der in der Einspruchsschrift gegen das europäische Patent verwendet werden soll. In dem Auftragsschreiben sind ferner Fragen des Mandanten enthalten, die beantwortet werden müssen. Der Bewerber muß also einerseits ein Schreiben an den Mandanten, in dem er diese Fragen beantwortet, und andererseits die Einspruchsschrift verfassen. Die Gesamtpunktzahl für die Aufgabe C beträgt wiederum 100 Punkte, wobei ca. 16-20 Punkte auf das Antwortschreiben und ca. 80-84 Punkte auf die Einspruchsschrift entfallen. Die Anzahl der Punkte, die für das Antwortschreiben zu vergeben waren, ist in den letzten Jahren tendenziell gesunken, so daß der Einspruchsschrift der größere Stellenwert beigemessen werden sollte. Da das Antwortschreiben laut Aussage vieler Absolventen jedoch häufig das Zünglein an der Waage war, ist zu empfehlen, daß man sich einen festen Zeitraum vorgibt, in dem man in jedem Fall die Fragen des Mandanten beantwortet. Es hat sich als vorteilhaft herausgestellt, das Antwortschreiben zuerst zu bearbeiten, da die hierin gegebenen Antworten teilweise auch in der späteren Einspruchsschrift verwendet werden können und dem Bewerber bei der Einspruchsschrift am Ende regelmäßig die Zeit davonläuft. Bei der Einspruchsschrift sind die folgenden wesentlichen Punkte zu beachten. Zum einen sollte der Angriff auf das Patent vollständig sein, d.h. der Bewerber muß alle möglichen Angriffe gegen jeden einzelnen Anspruch der Patentschrift fahren. Sollte beispielsweise einem Anspruch die Neuheit gegenüber einer ersten und einer zweiten Entgegenhaltung fehlen, so muß ein Neuheitsangriff auf Grundlage der ersten Entgegenhaltung und ein Neuheitsangriff auf Grundlage der zweiten Entgegenhaltung gefahren werden. Sollte Ihnen am Ende keine Zeit für die Ausformulierung der weiteren Angriffe verbleiben, so deuten Sie zumindest kurz an, welche weiteren Angriffe Sie aus Zeitgründen nicht mehr ausführen konnten, ggf. tun Sie dies in einer Anmerkung für den Prüfer. Zum anderen sollte unbedingt durchweg ein „sauberer“ Aufgabe-Lösungs-Ansatz angewandt werden.
Aufgabe D
Die Aufgabe D betrifft die Beantwortung rechtlicher Fragen bzw. die rechtliche Beurteilung eines spezifischen Sachverhaltes. Grundsätzlich könnte die Aufgabe D, die sich in die Teilaufgaben DI und DII gliedert, als die leichteste aller vier Aufgaben betrachtet werden, da der Bewerber – wie bereits unter „Prüfungsablauf“ erläutert – alle möglichen Unterlagen mitbringen darf und meistens „lediglich“ nachschlagen muß, sofern die Zeit ausreicht. Hiermit wäre auch schon eines der Hauptprobleme der Aufgabe D genannt, die Zeit ! Für die Teilaufgabe DI werden regelmäßig 40 von 100 Punkten vergeben. In den Prüfungsunterlagen ist für jede Frage angegeben, wie viele Punkte maximal für die Antwort Frage erzielt werden können. Dies sollten Sie als Hilfestellung für Ihre Zeiteinteilung verwenden. Dividieren Sie die Dauer des Teiles DI durch die Gesamtzahl der durch DI zu erreichenden Punkte und multiplizieren Sie das Ergebnis mit der Punktezahl der einzelnen Frage, um die für die Frage maximal aufzubringende Zeit zu ermitteln. (Beispiel: 3 Stunden : 40 Punkte = 4,5 Minuten pro Punkt. Für eine Frage, für die maximal 3 Punkte vergeben werden, sollten Sie demzufolge nicht mehr als 13,5 Minuten aufbringen). Neben dem zeitlichen Problem besteht ein weiteres wesentliches Problem, das insbesondere bei denjenigen besteht, die zuvor die deutsche Patentanwaltsprüfung absolviert haben. Während bei der deutschen Patentanwaltsprüfung sehr viel Wert auf die Herleitung des Ergebnisses bzw. der Antwort gelegt wird, scheint es bei der europäischen Eignungsprüfung im Wesentlichen auf das Ergebnis anzukommen. So haben viele Absolventen die Vermutung geäußert, daß eine saubere und plausible Herleitung, die im Ergebnis aber nicht mit der h.M. oder der Rechtsprechung übereinstimmt, regelmäßig weniger Punkte als eine kurze, schlagwortartige Nennung des Ergebnisses bringt (z. B. durch Nennung der Entscheidungsnummer). Außerdem spart dies Zeit ! In den Antworten sollten alle zu Grunde liegenden Normen (Normenketten) und ggf. die Nummer der Entscheidung zitiert werden, während auf eine allzu ausführliche Ausführungen zu den Normen/ Entscheidungen verzichtet werden sollte. Für die Teilaufgabe DII werden regelmäßig die verbleibenden 60 von 100 Punkten vergeben. Bei dieser Teilaufgabe ist meist eine ausführlichere Begründung oder Herleitung der vertretenen Position verlangt, wobei auch hier alle zu Grunde liegenden Normen (Normenketten) und ggf. die Nummern der Entscheidungen anzugeben sind.