PCT Folgen wenn keine ISR erstellt wird

iplerner

Schreiber
Hallo liebes Forum,

folgender Fall und mehrere Fragen dazu:

Bei einer PCT-Anmeldung wird eine "Aufforderung zur informellen Klarstellung" zugesandt; der Rechercheur sieht wg. angeblicher vollständig fehlender Klarheit keine Möglichkeit, eine internationale Recherche durchzuführen.

Die Begründung des Klarheitsmangels ist allerdings nicht nachvollziehbar. Grundsätzlich wäre aber denkbar, (trotzdem) den Anspruchssatz anzupassen - sofern dazu die Möglichkeit besteht.


1.Kann eine Stellungnahme als Reaktion auf die Aufforderung zur informellen Klarstellung überhaupt eine Auswirkung haben? Nach meinem Verständnis der PCT-Richtlinien wird jedenfalls kein ISR erstellt werden, oder kann die Auffassung des Amts durch die Stellungnahme beeinflusst werden?

2. Gesetzt den Fall, es bleibt dabei und es wird kein ISR erstellt: Änderungen nach Art. 19 PCT scheiden dann aus, besteht denn dann trotzdem die Möglichkeit zur Änderung der Ansprüche in der nationalen Phase in

a) Europa (oder steht hier z. B. Regel 137(5) EPÜ mangels ISR und damit mangels international recherchierter Ansprüche de facto entgegen? Dürfte/Würde das EPA in der nationalen Phase nachträglich komplett neu recherchieren?)

b) USA?


Wenn denn a) und b) mit ja zu beantworten wären - wo liegt dann der tiefere Sinn der internationalen Recherche, wenn deren (Nicht-)Ergebnis keinerlei Auswirkungen hätte bzw. wozu dann auf die o.g. Aufforderung überhaupt reagieren?

Wenn a) und b) mit nein zu beantworten wären - könnte man dann also auf Basis einer (dann de facto nicht angreifbaren) Einschätzung eines Rechercheurs vollständig "ausgebremst" werden? Oder gibt es andere Reaktions-/Verteidigungsmöglichkeiten?


Danke für Eure Rückmeldungen und viele Grüße
IPLerner
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Ich habe eine solche "informelle Aufforderung" nie gesehen, aber da sie informell ist, ist anzunehmen, dass sie nicht im PCT normiert ist. In anderen Worten: Der Prüfer sieht so viel Unklarheit, dass er glaubt nicht recherchieren zu können, will dir aber nochmal die Möglichkeit geben, zu erklären worum es geht, um eine Erklärung nach Art. 17(2)(a)(ii) zu vermeiden. Sollte dir das gelingen, wirst du wohl einen Recherchebericht bekommen. Wenn der Prüfer immer noch nichts versteht, wird er die Erklärung abgeben, nicht recherchieren zu können.

In der nationalen Phase kann man die Ansprüche immer ändern. Jedes nationale Amt muss laut Art. 28 PCT dem Anmelder die Gelegenheit zu mindestens einer Änderung geben.

Außerdem kannst du auch eine internationale vorläufige Prüfung ("Chapter II") beantragen. Dann darfst du nach Art. 34(2)(b) die Ansprüche noch in der internationalen Phase ändern.

Nun zum "tieferen Sinn" der internationalen Recherche: Du hast recht, dass man diese völlig folgenlos komplett ignorieren kann. Nicht wenige Anmelder tun genau das. Der Sinn ist aber:

1. Für den Anmelder: Er kann absehen, welchen und wieviel Stand der Technik es gibt. Bevor man umfangreiche Nationalisierungen mit 5-6stelligen Gesamtkosten beginnt, kann man, wenn es sehr schlecht aussieht, die Sache auch mal fallen lassen. Ist nicht immer die schlechteste Entscheidung (für den Anmelder - nicht für den Anwalt natürlich).

2. Für kleinere Patentämter: Das PCT ist auch als eine Art "Entwicklungshilfeprogramm" gedacht, das kleinen und armen Ländern ermöglichen soll, ein Patentsystem aufzuziehen. Die Patentämter solcher Länder haben womöglich gar nicht die Ressourcen, ordentliche Recherchen durchzuführen. Sie können dann auf die Recherche des ISA zurückgreifen. ISAs sind die großen Patentämter, die bestimmte qualitative Erfordernisse erfüllen müssen.
 
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