Konditionen beim Eintritt in Kanzlei

d8212000

Schreiber
Wir sind eine kleine Kanzlei in München und wollen einem jungen Kollegen die Partnerschaft anbieten. Der Kollege soll während einer Einkaufszeit einen reduzierten Gewinnanteil erhalten. Weitere Belastungen des Kollegen (z.B. Rentenansprüche der Alt-Partner) sind nicht vorgesehen.

Die Frage ist jetzt, was in der heutigen Marktsituation ein typischer Gewinnverzicht ist. Als wir vor geraumer Zeit ähnliche Verhandlungen mit umgekehrten Vorzeichen geführt haben, war oft von dem 3-fachen Jahresgewinn die Rede. Der Kollege würde dann z.B. 10 Jahre lang nur 70% des vollen Gewinnanteils erhalten. Ist das noch aktuell? Man kann ja entweder argumentieren, dass der Gewinnverzicht heute niedriger sein sollte (weil mit Übersetzungen und Jahresgebühren weniger verdient wird), oder dass der Gewinnverzicht heute höher sein sollte (weil mit steigenden Kandidatenzahlen auch die Nachfrage nach Kanzleianteilen steigt).

Uns ist klar, dass uns das Forum nicht die Frage beantworten kann, was in unserem Einzelfall faire Konditionen sind. Wir wären aber für Hinweise dankbar, wie sich der Markt entwickelt hat, also ob der 3-fache Jahresgewinn immer noch ein üblicher Ausgangspunkt für Verhandlungen ist oder ob man heute eher weniger oder eher mehr ansetzt.
 

PatFragen

*** KT-HERO ***
Auch wenn man da ja nicht genau einschätzen kann, ob die Frage überhaupt ernst gemeint ist, kann ich mir doch eine kurze Reaktion nicht verkneifen ;-).

Redest du vom aktuellen Wert den eine Kanzlei darstellt oder von dem Preis den man für den Anteil an einer Kanzlei erzielen kann? Das sind zwei völlig unterschiedliche Beträge und sollten sauber unterschieden werden ;-). Nur im Idealfall einer völlig freien Marktwirtschaft (d.h. nie :) ) stimmen aktueller Wert und Preis grundsätzlich überein ;-).

Den aktuellen Wert einer Kanzlei kann man versuchen, an irgendwelchen Messzahlen (z.B. dein dreifacher Jahresgewinn) festzulegen. Der ist dann aber grundsätzlich unabhängig von irgendwelchen Größen wie Anzahl der Kandidaten am Markt oder Anzahl der abzurechnenden Übersetzungen (die aber natürlich indirekt in den Jahresgewinn eingehen sollten, aber nicht doppelt zu berücksichtigen sind, indem sie einerseits in den Gewinn eingehen und dann nochmal im "Prozentsatz" berücksichtigt werden ;-) ).

Der Preis wird durch Angebot und Nachfrage festgelegt. D.h. der Preis ist immer genau so hoch, wie ein Dummer bereit ist, für etwas zu zahlen ;-). Da spielt dann vor allem auch sowas wie die zukünftige Gewinnerwartung eine Rolle. Wenn der Dumme bereit ist, mehr als den Wert zu zahlen (z.b. im Rahmen einer Übervorteilung oder weil er die Zukunftschancen als hoch einschätzt), dann ist der Preis höher, wenn du nicht mal welche findest, die bereit sind den aktuellen Wert zu zahlen (weil z.B. die Zukunft als viel zu unsicher eingeschätzt wird) dann ist der Preis geringer als der aktuelle Wert.

Also solltest du dir überlegen, was für eine "Preispolitik" du betreiben willst (weil ich schätze mal, du willst die Höhe des Betrages wissen, den du erzielen kannst, also Preis). Wenn du grundsätzlich den aktuellen Wert in "Rechnung" stellen willst, dann ist der erstmal völlig unabhängig vom Sinken der Anzahl der Übersetzungen oder Anzahl der Kandidaten. Wenn du den möglichen zukünftigen Wert in Rechnung stellen willst (also sowas wie die Erwartungen), dann viel Spass bei der Kaffeesatzleserei (die hier sowieso stark vertreten ist :) ), da spielen dann Größen, wie du sie aufgezählt hast, auch eine Rolle. Wenn du einfach den Preis haben willst, gibt es nur die Möglichkeit, den Dümmsten zu finden ;-).

Kurz gesagt haben beide deine "Einflüsse" wohl nicht die von dir beschriebene Auswirkung auf den Wert und auch nicht auf den Preis. Die sinkende Anzahl der Übersetzungen senken im Höchstfall den Gewinn sollten aber keinen Einfluss auf den Faktor haben, den ein neu eintretender Partner zu zahlen hat (sondern nur auf die Basisgröße Gewinn). Die steigende Anzahl der Kandidaten hat in beide Richtungen Auswirkungen auf den Preis. Einerseits kann dadurch zwar die Nachfrage erhöht werden und somit der Preis bei gleichem Angebot. Andererseits gibt es immer mehr Angebote für neue Partnerschaften (weil es halt mehr Kanzleien gibt und viele Altpartner Nachfolger suchen) und ferner sinken die Gewinnerwartungen (was hier immer mit Kuchenverteilung bezeichnet wird :) ) für die Zukunft, so dass der Preis sinkt den vernünftig kalkulierende Aspiranten zu zahlen bereit sind. (Aber sei nicht zu entmutigt, nach meinen bisherigen Erfahrungen haben die meisten hier postenden Vertreter keinen Hang zur vernünftigen Kalkulation ;-).) Viel Spass beim ausknobeln, welche der beiden Richtungen überwiegt ;-).

Also soviel ein paar stark vereinfachte Bemerkungen zu Preis und Wert ;-).
 

PatFragen

*** KT-HERO ***
:D

Wer gibt denn meinem tollen Beitrag kommentarlos (notfalls auch per PN) ein "Minus" :)?
Nein etwas ernsthafter, wenn irgendetwas inhaltlich nicht korrekt ist, dann würde ich wirklich gerne erfahren, wo mein "Denkfehler" ist, weil ich sehr gerne dazu lerne :).
Wenn es einfach nicht "passt" und man was anderes hören wollte, dann muss ich denjenigen leider enttäuschen :). Ich hatte mich immerhin schon sehr zurückgehalten mit meinen Aussagen, weil eine Argumentation hinsichtlich einer Senkung des "Gewinnverzichts" aufgrund der gesunkenen Verdienstmöglichkeit bei Übersetzungen und Jahresgebühren zieht mir schon heftigst die kaufmännischen Zehennägel nach oben :D.

So jetzt bitte das nächste Minus :D.
 
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