Einspruch mit Erfindungshöhe: Objektive Aufgabe anhand Streitpatent bestimmbar?

Kurt

*** KT-HERO ***
Hallo Forum,

hier mal wieder eine klitzekleine aktuelle Denkblockade.

Also, es soll im Einspruch ein Angriff mit Erfindungshöhe auf einen Anspruch des Streitpatents gemacht werden.

Nächstliegender Stand der Technik und ein zusätzliches Dokument seien bereits identifiziert.

So, der nächstliegende Stand der Technik zeige bereits alle Merkmale des anzugreifenden Anspruchs, bis auf eins.

Die Wirkung dieses Unterschiedsmerkmals bestehe in einem bestimmten technischen Effekt -- welcher jedoch wie auf dem Präsentierteller im Streitpatent beschrieben ist!

Da ich mir ja nichts ausdenken und auch nichts Fachliches wissen darf, sondern den technischen Effekt mit einer Quelle belegen muss, darf ich diesbezüglich tatsächlich das Streitpatent zitieren?

Sprich, darf ich schreiben, gemäß Streitpatent Absatz 12 ist das Unterschiedsmerkmal mit dem technischen Effekt soundso verbunden. Objektive Aufgabe ist daher blabla usw.

Oder darf ich den technischen Effekt des Unterschiedsmerkmals nur mittels der beiden zum Angriff kombinierten Entgegenhaltungen herleiten und belegen?

Fragt sich gerade heftig
Kurt
 

Kurt

*** KT-HERO ***
..ups, gehört eigentlich ins EQE-Aufgabenforum...

Redakteur, falls Du hier bist, bitte wenn möglich den Thread verschieben.
 

grond

*** KT-HERO ***
Kurt schrieb:
Die Wirkung dieses Unterschiedsmerkmals bestehe in einem bestimmten technischen Effekt -- welcher jedoch wie auf dem Präsentierteller im Streitpatent beschrieben ist!

Da ich mir ja nichts ausdenken und auch nichts Fachliches wissen darf, sondern den technischen Effekt mit einer Quelle belegen muss, darf ich diesbezüglich tatsächlich das Streitpatent zitieren?
Ich empfehle dringend das Durcharbeiten alter C-Teile. Das kommt STÄNDIG vor, am besten mit paralleler Erwähnung des Effektes im zu kombinierenden Dokument. Daher auch der Rat im C-Book, in allen Dokumenten sämtliche Effekte beim Lesen farbig zu markieren.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
grond schrieb:
Das kommt STÄNDIG vor, am besten mit paralleler Erwähnung des Effektes im zu kombinierenden Dokument.
Jau danke -- aber gerade weil es so offensichtlich in den Aufgaben vorkommt, sträubt sich da noch was in mir.

Ich meine, ist das nicht eigentlich die "unzulässige rückschauenden Betrachtungsweise in Kenntnis der Streitpatentschrift", dass ich die Wirkung des Unterschiedsmerkmals ausgerechnet aus der Streitpatentschrift entnehme?!?

Denn die Verwendung von Angaben aus der Streitpatentschrift ist doch eigentlich nur dann zulässig, wenn die fraglichen Angaben in der Streitpatentschrift ausdrücklich als allgemeines Wissen des Fachmanns herausgestellt sind. Dies ist bei der hier diskutierten Wirkung, die ja gerade von der Erfindung ausgeht, ja eben nicht der Fall.

Wieso darf ich also die Wirkung des Unterschiedsmerkmals "einfach so mal eben" aus der Streitpatentschrift herauslesen?
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Die objektive Aufgabe wird zwangsläufig rückschauend ermittelt, da dies ohne Kenntnis des Streitpatents nicht möglich ist.

Zur Bewertung der eT ist ja auch nur zu untersuchen, ob das Hinzufügen des Unterschiedsmerkmals zum nSdT im Prioritätszeitpunkt naheliegend war. Wenn der FM aus dem SdT eine Anregung dazu erhielt (wenn auch möglicherweise aus anderen Gründen), dann konnte er ggf. das Merkmal vorsehen, ohne erfinderisch tätig zu werden, auch wenn er den damit streitpatentgemäß erzielten Effekt nicht kannte. Der wäre quasi "nebenher" abgefallen.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Hmm, knappe und gute Erläuterung!

Dann dürfte ich allerdings streng genommen die (ausschließlich) im Streitpatent beschriebene Wirkung des Unterschiedsmerkmals auch nicht zur Formulierung der objektiven Aufgabe heranziehen! (denn durch das Streitpatent konnte der Fachmann im Prioritätszeitpunkt ja nicht angeregt worden sein, SdT aufzufinden).

Ich dürfte dann vielmehr nur schreiben, die objektive Aufgabe besteht in der Bereitstellung einer Alternative zum Unterschiedsmerkmal. Nun sucht und findet der Fachmann einen SdT, der eine solche Alternative bietet -- wobei (oh Wunder) der streitpatentgemäß erzielte Effekt nebenher abfällt.

Stimmts?
 

grond

*** KT-HERO ***
Kurt schrieb:
Dann dürfte ich allerdings streng genommen die (ausschließlich) im Streitpatent beschriebene Wirkung des Unterschiedsmerkmals auch nicht zur Formulierung der objektiven Aufgabe heranziehen! (denn durch das Streitpatent konnte der Fachmann im Prioritätszeitpunkt ja nicht angeregt worden sein, SdT aufzufinden).
Nein. Es ist ja schließlich die objektive Aufgabe. Die würde im normalen Leben ja auch nicht unbedingt im Patent drin stehen, die würden der Prüfer und ggf. der Anmeldervertreter aus dem eigenen Fachwissen definieren. Aber für den C-Teil soll es eben keines eigenen Wissens bedürfen. Also muss es irgendwo stehen, warum also nicht gleich im Patent? Die Argumentation, dass es naheliegend war, diese Aufgabe also vom Fachmann erledigt werden konnte, ergibt sich natürlich aus der zweiten Quelle: da muss letztlich derselbe Effekt drinstehen, damit sich die beiden Dokumente "magnetisch anziehen". Wenn die Aufgabe nicht bekannt war, dann hast Du recht, dass die Argumentation nicht trägt, das gehört aber in den B-Teil, im C-Teil ist die Aufgabe samt Lösung, wenn man denn einen korrekten Angriff gewählt hat, immer schon bekannt und in den anderen Dokumenten aufgeführt.

Die Effekte und die Definition der objektiven Aufgabe sind neben den richtigen Dokumentenkombinationen der wichtigste Teil des C-Teils, weil es dafür die meisten Punkte gibt. Ich mache in meiner Lösungsmethodik deswegen nach dem Bestimmen der Angriffe immer einen eigenen Schritt, in dem ich für jeden e.T.-Angriff noch einmal die Effekte der Unterschiede und die Motivation für den Fachmann aus den Dokumenten heraussuche. Das ist auch eine gute Kontrolle, ob der Angriff plausibel ist.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
grond schrieb:
Die Argumentation, dass es naheliegend war, diese Aufgabe also vom Fachmann erledigt werden konnte, ergibt sich natürlich aus der zweiten Quelle: da muss letztlich derselbe Effekt drinstehen, damit sich die beiden Dokumente "magnetisch anziehen".
Danke, gute Infos.

Machst du eigentlich einen tabellarischen Merkmalsvergleich, oder diesen Teil (sowie die Identifikation der Angriffe) bereits anhand der schönen "Fokussing-Methode", also frei Hand?
 

grond

*** KT-HERO ***
Kurt schrieb:
Machst du eigentlich einen tabellarischen Merkmalsvergleich, oder diesen Teil (sowie die Identifikation der Angriffe) bereits anhand der schönen "Fokussing-Methode", also frei Hand?
Ich lehne mich an die Merkmals-Methode des C-Books an (halte ich für die natürlichste, außerdem bin ich ein fauler und damit auch schreibfauler Mensch, weshalb diese komische claims-attacks-Methode für mich ausscheidet). Zuerst lese ich alle Dokumente und markiere dabei die Wörter, die in der Übersetzungshilfe erwähnt sind, orange. Meistens hat es einen Grund, dass die Aufgabensteller sichergehen wollen, dass alle Prüflinge diese Wörter verstehen. Gleichzeitig negative ("teaching away") und positive Motivationen rot und grün markieren, Definitionen und Grundwissen in blau ("es ist allgemein bekannt..."). Die brauch man auch garantiert.

Danach kommt die Merkmalsanalyse. Ich habe eine schlichte Tabelle, in die ich die Merkmale aufschlüssel, danach kommt für jedes Dokument ein +, ein - oder eine ~ (äquivalent oder sonstwie per Argumentation hineininterpretieren, nur teilweise verwirklicht etc.) hinein, vielleicht auch mal eine Anmerkung. Auch hier spare ich lieber Zeit und schreibe nicht alle Fundstellen ab, die findet man eh schnell genug, da die Dokumente ja zwischen einer und drei Seiten lang sind, außerdem kann man dann nochmal kontrollieren. Also reicht eine Markierung in gelb. Danach, wie oben erwähnt, für jede e.T.-Attacke Effekt, objektive Aufgabe und Lösung in den Dokumenten orten, dann den Hauptteil schreiben. Danach Mandantenschreiben (hauptsächlich Verweise auf die Einspruchsschrift) und zuletzt das Einspruchsformular ausfüllen.

Auf diese Weise habe ich bei einem halben Dutzend alter C-Teile, die ich voll ausgearbeitet habe, eigentlich immer alles soweit richtig gehabt (vielleicht mal einen Angriff übersehen oder einen falsch gewählt, mal etwas dem Grundwissen zugeordnet, was dann normal kombiniert wurde).

Einen Tag vorm C-Teil 2009 ist übrigens sicher nicht zu früh, sich mit solchen Dingen zu befassen... :)
 

Kurt

*** KT-HERO ***
:) :) :) :)

Geil übrigens Dein Tipp mit der Übersetzungstabelle. Aber nicht dass das jetzt jeder so macht und dann alle bestehen und dann jedem zehn Punkte abgezogen werden!
 

Fip

*** KT-HERO ***
Also, das mit der OBJEKTIVEN Aufgabe würde ich unterstreichen. Es ist egal wo die herkommt, so lange diese sich aus dem technischen Effekt, den der Unterschied des nächstliegenden Standes der Technik mit dem zu prüfenden Anspruch hat, herleiten läßt.

Im Übrigen gibt doch die vom EPA veröffentlichte Literatur hierzu eine Menge her, insbesondere das Buch "Die Rechtsprechung der Beschwerdekammern"

Außerdem hier: http://216.92.57.242/patentepi/data/Knesch%20article.pdf
 
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