Biowissenschaften - Promotion nötig?

B

Bernd

Guest
Hallo,

ich studiere derzeit das Fach "Molekulare Biotechnologie" (vergleichbar mit Biochemie) und merke, dass die wissenschaftliche Laufbahn nicht meinen Vorstellungen entspricht.
Seit Längerem ist mir eine spätere Ausbildung zum PA in den Sinn gekommen.
Meine Frage dazu, an alle die substantiell aus erster oder zweiter Hand berichten können: Wie wichtig ist hierzu die Promotion?

Ich weiß, dass im Life-Science-Bereich sowohl in Industrie, als auch in Wissenschaft eine Promotion geradezu zwingend ist.
Ich erkenne aber nicht, warum diese 4-Jährige Pippettenarbeit für den Beruf des PA wichtig sein soll.

Durch die Suchfunktion habe ich allerdings gefunden, dass zumindest für den Bereich Chemie auch für den PA eine Promotion zwingend ist, da es sonst zur Gefahr eines umsatzgefärdenden "gestörten Vertrauensverhältnisses" zwischen PA und Mandant kommen könnte.

Ich befürchte dass dies für Biologie/Biotechnologie/Biochemie in gleichem Maße gelten könnte.

Kann dazu jemand etwas handfestes (am Besten durch eigene oder bekannte Erfahrungen) beitragen??
Vielen Dank.


(btw. tolles Forum hier, ich finde es wird meist sehr informativ und zugleich eloquent diskutiert)
 
M

MBT'ler

Guest
Hi Bernd,

auch ich studiere Molekulare Biotechnologie und ich habe mich diesbezüglich umgehört...

Die Antwort darauf ist, wie so oft - es kommt darauf an! Ich würde es nicht verallgemeinern, aber nötig ist die Promotion keinesfalls. Evtl. hilfreich beim Umgang mit Mandanten, ja! Aber nötig und förderlich für den Beruf bzw. den Werdegang, nein!

Meiner Ansicht nach stellt die Promotion 3-5 Jahre dar, in denen ich bereits die Zulassung zum dt PA, evtl. sogar EPA erreichen kann.

Aber ich denke, diese Meinung ist von Kanzlei zu Kanzlei unterschiedlich...

Am betsen ist wohl immer noch: gezieltes Nachfragen bei Interesse!


Ich hoffe, es hilft Dir ein wenig... Aber ich denke, es folgen noch weitere Meinungen hierzu.

Viele Grüße,

MBT'ler
 
W

woops

Guest
Bin Biotechnologe und muss zugeben, dass ich mich mit einem nicht-promovierten Kollegen zunächst etwas schwertun würde. Aber nur solange, bis er mich eiens besseren belehr ung zeigt, dass er auch ohne Promotion die Materie und seine Mandanten versteht.

Das grösste Handicap könnte sein, dass Dir wegen der fehlenden Promotion die wissenschaftliche Schreibe (auf englisch und deutsch) und die Laborerfahrung fehlt. Letzteres ist vor allem deswegen wichtig, weil Du nur so beurteilen kannst, ob die Erfindung Deines Mandanten nacharbeitbar ist oder nicht.

Aber wenn das vorhanden ist - warum nicht ohne Promotion PA werden? Ist auf jeden Fall ein Zeitvorteil!

Nebenbemerkung: kriegst Du denn das notwendige 1 Jahr praktischer Tätigkeit ohne Promotion zusammen. Praktika im Rahmen des Studiums und Diplomarbeit zählen da nämlich nicht!

Viele Grück und Gruss,
woops
 
C

Christian

Guest
Hallo,

lese hier häufig, dass Chemiker, Biologen o.ä. promoviert sein sollten, um ihre Mandanten "verstehen" zu können, wie auch mehr oder weniger im obigen Beitrag.

Blöde Frage dazu: Warum würde ich hier niemals lesen, dass ein Ingenieur promoviert sein sollte, um den Beruf des PA angemessen ausüben zu können? Muss der denn weniger Verständnis für die Erfindungen seiner Mandanten mitbringen?

Viele Grüße aus Köln

Christian
 
C

corvinus

Guest
nun, dieser thread betrifft ein Thema, das schon oft hier durchgenudelt wurde (jetzt muß ich also auch noch meinen Senf dazu geben).

Grundsätzlich bin ich der festen Meinung, dass eine Promotion ohne ein Schielen auf einen "Job" erfolgen sollte und auf Interesse an der sache fußen muß. Das ist sicher eine altmodische Sichtweise.

Wenn ich aber nur einen Doc Titel abgreifen will, um meiner Eitelkeit zu genügen, oder glaube, dass das Karrieremäßig gut ist, dann kauft man sich am besten so ein Ding, oder sucht sich einen desinteressierten frustrierten C3 /C4 oder was ich für nen Prof und nudelt was herunter und gut is.

Zusammengefasst. ob man einen Doc Titel braucht sei dahingestellt, insbesondere als PA und hängt von der persönlichen Einstellung ab. Wirklich "brauchen" tut man ihn in unserer Branche nicht, es gibt sogar sehr erfolgreiche PA Chemikerkollegen ohne Doc
 
G

Gastomat

Guest
Grundsätzlich gibt es nichts verkehrtes daran, eine Promotion "nur" im Hinblick auf den späteren Job anzustreben. Der ehrwürdige Titel wird dadurch nicht entwertet und man wird auch nicht nur deswegen ein schlechter PA (oder was auch immer).

Interesse am Fach ist allerdings hilfreich, sonst können 3-5 Jahre Tätigkeit im Forschungsbetrieb sehr deprimierend werden.

Letztendlich muss ohnehin jeder für sich die Frage beantworten, ob die Promotion Vorteile mit sich bringt.

Eines ist allerdings klar: In deutschen Biotech- und Pharmafirmen läuft ohne Doktortitel nichts oder nur wenig.
Falls also noch andere Optionen als PA zur Wahl stehen, würde ich schon dazu raten, eine Promotion anzuschliessen.

Daneben: Es gibt viele Kollegen und auch Mandanten die die Nase rümpfen, wenn auf der Visitenkarte kein solcher Titel auftaucht.

Ob eine Promotion etwas qualifizierendes hat, hängt auch von der Arbeit selber und vom Doktorvater ab.

Eine "Fliessband"-Arbeit ("Charakterisierung eines Proteins wie schon die tausend Doktoranden vorher") bringt sicher sehr wenig da man Standardrezepte "nachkocht".

Muss man sich aber selber darum kümmern, dass ein Thema entsteht, der Laborablauf organisiert wird, Gelder bewilligt werden, Reviewer der wissenschaftlichen Zeitschriften von den Ergebnissen überzeugt werden, Geräte angeschafft werden, Kooperationen mit anderen Forschungsgruppen entstehen, die eigenen Interessen gegenüber besagten "anderen Forschungsgruppen" gewahrt werden,

dann kann man sehr viele, absolut berufsrelevante Fähigkeiten trainieren.

Grüsse, Gastomat
 
G

gast2000

Guest
@corvinus: Jetzt muss ich aber mal nachfragen, ob der Chemiker-PA ohne Doktortitel nicht schon ein älteres Semester ist??? (Nicht als Frage nach der Person fehlinterpretieren!) Sprich, ist er irgendwann zu Zeiten, als alles noch einfacher war, in den Beruf gekommen.

Ich denke nämlich, dass heute in unserer Kanzlei ein Kandidatenbewerber sowohl im Bereich Chemie als auch Biochemie oder Biologie ohne Promotion gar nicht in die engere Auswahl kämen (ungerecht, aber wahr), und dass das bei vielen anderen Kanzleien ähnlich ist. Damit ist auch die Ausgangsfrage beantwortet: Ja, du musst promovieren. (Ich lasse mich gern eines Besseren belehren..)
 
B

Bernd

Guest
Vielen Dank für die bisherigen Antworten.

@MBTler:
Hast du dich da in Kanzleien selbst umgehört?
Dass die Promotion keine formale Voraussetzung zum Beginn der Ausbildung ist, ist klar. Mich würde aber die konkrete Situation interessieren: ist sowas im richtigen Leben realisitsch und wie häufig kommt es vor?
Kamen dir Kanzleien unter, in denen nicht-promovierte Biochemiker oder Biotechnologen gearbeitet haben?
Kennst du evtl. einen oder mehr Biotec-PA's (promoviert oder unpromoviert)?


@corvinus:
ich glaube, du hast da was missverstanden: es geht nicht darum, aus Eitelkeit schnell die 2 Buchstaben vor dem Namen zu erlangen.
Ich weiß nicht aus welchem Facbereich du kommst, aber in dieser Branche läuft es in der Industrie und Forschung so, dass die Promotion meist erst die Eintrittskarte in den Berufsmarkt ist, selbst wenn die eigentlice Tätigkeit garnicht mehr wissenschaftlich ist.
Auch von Vertriebsleuten in der Chemie und Biotech-Branche wird z.b. eine Promotion zum Dr.rer.nat. verlangt, da es hier wohl für die Verkaufsresultate sehr wichtig ist, den Kunden, die ja selbst Wissenschaftler sind, "auf Augenhöhe" zu begegnen.

Ob dies im Geschäft der PA's genauso ist (ich fürchte und vermute leider ja) würde mich eben hier interessieren.
Toll wäre es, wenn jemand konkrete Beispiele und Erfahrungen bringen könnte.
 
P

Promovierter Molekularbiologe

Guest
... ich selbst bin promovierter Molekularbiologe und kenne einige Biologie-Kollegen ohne Doktortitel, die erfolgreich als Patentanwalt arbeiten, sei es in der Industrie oder in einer Kanzlei.

Sollte für Dich der Entschluss feststehen, PA zu werden, so würde ich mich einfach mal mit Deinem Diplom für eine Kandidatenstelle bewerben. Solltest Du (unerwarteter Weise) nur Absagen erhalten, steht Dir die Promotion immer noch offen.

Sollte Dein Entschluss jedoch noch nicht feststehen und Interesse an wissenschaftlicher Arbeit bestehen, so ist eine Promotion sicher nicht zu Deinem Nachteil.

Um erfolgreicher PA zu werden, brauchst Du sie definitiv nicht. Aber es ist eine schöne Zeit, vor allem wenn Du sie im Ausland anfertigen kannst. Sprachen (Englisch) sind nun mal unabdingbar in dem PA-Beruf.

Was die Labortätigkeit angeht: Nach einigen Jahren PA-Beruf ist man in der Laborroutine eh draussen und man verfolgt die technischen Weiterentwicklungen im Laborbereich nur noch auf dem Papier.

Gruss

Promovierter Molekularbiologe
 
P

Promovierter Biochemiker

Guest
Ich bin promovierter Biochemiker und bei mir war ganz klar der Doktortitel Einstellungsvoraussetzung (Kanzlei).

Bei den Biowissenschaften sei zusätzlich bemerkt, dass meines Wissens nach die Anzahl an Bewerbern für Kandidatenstellen aufgrund der beschränkteren Arbeitsmarktalternativen höher ist als bei anderen Fachrichtungen, zum Beispiel im Vergleich zum Maschinenbau. Persönlich kenne ich niemanden, der den Titel nicht hat.

Deswegen kann ich mich aus praktischer Sicht nur meinem Vorredner "Promovierter Molekularbiologe" anschließen: Bewirb Dich einfach um eine Kandidaten-Stelle, wenn Du sie kriegst, dann ist es prima, wenn nicht, dann muss halt doch der Doktor her. Oder Du fängst z.B. für das techn. Jahr schon mal mit einer Doktorarbeit an und bewirbst Dich währenddessen.

Realistisch gesehen glaube ich aber nicht, dass Du in einer Kanzlei leicht um den Doktor rumkommst. Vielleicht ist es in einer Patentabteilung in der Industrie einfacher.

Viel Erfolg

Dr. Biochem
 
G

GAST_DELETE

Guest
Bin Biowissenschaftler und kann nur sagen, dass man nach dem Diplom nicht weiss, wie es in der Forschung läuft. Der Einblick, den man durch das Anfertigen der Diplomarbeit erhält, ist da so gut wie gar nicht repräsentativ. Diesen vertieften Einblick bekommt man erst durch die Promotion, wenn nicht sogar erst durch PostDocs.

Bei den Ingenieurswissenschaften scheint das anders zu sein, ausserdem ist da die Promotion noch einen Zacken härter als in den Biowissenschaften.

So gesehen macht eine geforderte Promotion bei den Biowissenschaftlern Sinn.
 
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